Ann Amann

Informatives für Betroffene

Nach dem Schlaganfall:
5 ehrliche Tipps für Angehörige und Freunde

Ein Schlaganfall geschieht plötzlich und ohne Vorwarnzeit. Angehörige und Freunde von Schlaganfallpatienten werden genauso überrascht wie der oder die Betroffene. Aus meiner Erfahrung heraus ist dieser Wegweiser entstanden, eine Hilfestellung, für all diejenigen, die das Schicksal meines Mannes Martin und mir teilen.

Fotos Copyright: Ann Amann

23. Oktober 2022, 16:44 Uhr

Autorin: Ann Amann

Bis 2035 wird die Häufigkeit von Schlaganfällen um 34 Prozent zunehmen. Die aktuelle GBD-Studie (Global Burden of Diseases) zeigt weltweit eine dramatisch ansteigende Schlaganfall-bedingte Krankheitslast. Bemerkenswert ist vor allem auch der relative Anstieg in jüngeren Altersgruppen unter 70 Jahren. Schlaganfall ist die häufigste Ursache für Behinderungen bei Erwachsenen.

Auch meinen Mann Martin hat dieses Schicksal getroffen. In meinem Buch «Schlagartig alles anders» teile ich unter anderem meine Erfahrungen aus drei Jahren Leben mit einem Schlaganfallpatienten.

5 Tipps für Angehörige von Schlaganfallpatienten

In dieser Zeit durfte ich viel über mich und über die Anforderungen und Herausforderungen lernen, die Angehörige von Schlaganfallpatienten durchleben. Nachfolgend will ich allen Menschen, denen es genauso geht wie mir, unserer Familie oder unseren Freunden 5 ehrliche Tipps mit auf den Weg geben, die helfen sollen die Qualität des eigenen Lebens und des Schlaganfallpatienten zu erhalten.

1. Be Fast

Man muss keine medizinische Fachkraft sein, um zu erkennen, dass die Regel «Be Fast» immer die ersten wichtigen Maßnahmen erklärt, wenn der Verdacht eines Schlaganfalls besteht.

«Be Fast», heißt zu Deutsch: sei schnell und lenke Deine Aufmerksamkeit auf:

B wie Balance – Hat die Person Probleme mit dem Gleichgewicht?
E wie Eyes (Augen) – Hat die Person plötzlich Sehschwierigkeiten?
F wie Face (Gesicht) – Tritt eine plötzliche Gesichtslähmung auf?
A wie Arms (Arme) – Kann die Person beide Arme heben?
S wie Speech (Sprache) – Kann die Person einen vorgegebenen Satz nachsprechen?
T wie Time (Zeit) – Tritt eines der oben beschriebenen Probleme auf, sofort den Notruf wählen.

2. Eine Vertrauensperson finden

Der Schlaganfallpatient braucht jemanden an seiner Seite, der ihn unterstützt, kritisch mitdenkt und nach Möglichkeit mit ihm Entscheidungen fällt. Eine Vertrauensperson, egal ob Partner, Eltern, Bruder, Schwester, enger Freund etc. –jemanden, der sich einsetzt und Zeit hat, das auch zu tun.

3. Die Namen der Medikamente geben lassen

Lassen Sie sich die Namen der Medikamente geben, die der Patienten einnehmen soll. Fragen Sie nach, für was jedes Medikament gegeben wird. Gibt es Einnahmevorschriften (z.B. nüchtern, 1 Std vor Frühstück etc.)? Sollten Sie keine Infos erhalten, können Sie sich mit den Medikamentenbezeichnungen auch Infos aus dem Netz einholen.

4. Den Patienten besuchen, aber richtig

Finden Sie zuerst heraus, ob der Schlaganfallpatient Besuch möchte. Wenn nein, dann für den Moment akzeptieren.

Gespräche beim Besuch

Falls ja, versuchen Sie sicher zu stellen, dass nicht nach einer kurzen Begrüssung, das Gespräch über den Patienten hinweg geführt wird. Der «gesunde» Besuch ist oft sehr berührt und verunsichert, den lieben Freund in einer eher hilflosen Situation zu sehen. Man weiss nicht, was man sagen «darf/soll» und vielleicht versteht man den Patienten auch nicht gut. Man fängt an nicht mehr direkt den Patienten zu fragen, sondern den nächsten Angehörigen. Schnell wird aus dieser Art «Hilflosigkeit» über den Patienten hinweg gesprochen. Das sollten Sie unbedingt vermeiden!

Es müssen nicht immer Worte sein

Es muss nicht immer gesprochen werden. Es kann manchmal auch sehr schön für den Patienten sein, wenn man neben ihm sitzt und seine Hand nimmt/streichelt – zusammen schweigt oder Musik hört oder etwas anschaut etc.

5. Hilfe suchen und selbst helfen

Falls Ihnen während der Behandlung im Krankenhaus oder Zuhause etwas unklar ist, sprechen Sie den Arzt oder das Pflegepersonal an. Seien Sie nicht zu scheu, um um Hilfe zu fragen. Menschen werden Ihnen helfen. Wenn Sie das Gefühl haben, dass das Pflegepersonal nicht genug Kapazität hat, um genügend auf den Schlaganfallpatienten einzugehen, fragen Sie, wo Sie helfen können. Scheuen Sie sich nicht: Sie können viel mehr tun, als Sie glauben.

Wenn Ihnen diese Tipps eine Hilfe sein konnten oder Sie jemanden kennen, der diese Liste auch lesen sollte, dann helfen Sie mir doch bitte meine Geschichte und Erfahrungen in die Welt hinaus zu tragen. Schicken Sie den Link des Artikel per E-Mail oder teilen ihn auf ihren sozialen Medien. Vielen Dank im Namen aller Angehörigen von Schlaganfallpatienten.

Herzlichst,

Ihre Ann Amann